Organisationales Nachhaltiges Lernen
Im Untersuchungsfeld netzgebundener Systeme wie der Wasserversorgung spielt die Thematik organisationalen Lernens in Korrelation zu nachhaltigen Lernprozessen eine (noch) untergeordnete Rolle. Erste Ansätze in diesem Untersuchungsfeld liefert eine Stakeholder-Analyse der Wasserversorgungswirtschaft (Tilmann 2001). Rothenberger (2003) beschreibt die spezifischen Konstellationen als integrierte Mikrosysteme der Versorgung und zeigt die Dynamik der Gestaltung von Transformationsprozessen einer netzgebundenen nachhaltigen Versorgung auf (vgl. auch Berndtsson and Jinno 2008).
Bezogen auf die Wasserversorgungsunternehmen ist eine Forschungslücke erkennbar. Die ökologisch-soziale Verantwortung der Wasserwirtschaft und ihrer Unternehmen hängt entscheidend davon ab, wie ökologischen und sozialen Herausforderungen konzeptionell, institutionell und instrumental begegnet wird, d.h. soziale Lernprozesse initiiert und in das ökonomische Management langfristig integriert werden. Unter diesem Aspekt ist Nachhaltigkeit eine Herausforderung für Organisationales Lernen in den drei Managementdimensionen (ökologisch, ökonomisch, sozial), um die Nachhaltigkeitsleistung eines Unternehmens zu ermöglichen (Pieper 2017,49).
Organisationales Nachhaltiges Lernen
Gesellschaftliche Verantwortung aus normativ ökologischer Perspektive.
Nachhaltige Energiebeschaffung zur Reduzierung negativer Umwelteinflüsse aus Perspektive des Supply Chain Managements.
Anpassungsstrategien im Kontext klimatischer Herausforderungen aus evolutionsökonomischer Perspektive.
Durch innovative, systemorientierte Ansätze der Ressourcenökonomie (Stoffstrommanagement, ökologieorientierte Energiebeschaffung) agieren WVU im Rahmen von Klimaanpassungsstrategien strukturpolitisch und können einen grundlegenden Beitrag zur Reduzierung ihrer negativen Umweltperformance leisten (Pieper 2008,64ff.). Hierfür sind Transformationsprozesse in das unternehmerische Nachhaltigkeitsmanagement erforderlich.
Die Umsetzung einer nachhaltigen Entwicklung in den Wasserversorgungsunternehmen (WVU), die sich im Beschaffungsmanagement (Energiebeschaffung) manifestiert kann eine große Hebelwirkung auf die Diffusion Erneuerbarer Energien auslösen. Insbesondere Innovationsprozesse zur Reduzierung negativer Umweltexternalitäten in der Wertschöpfungskette („greening the supply process“) und Investitionen in Grüne Beschaffung (vgl. Eigenproduktion EE, Make or buy-Strategien) weisen noch großes Potenzial auf.
Governance
Strategisches Management von Wasserversorgungsunternehmen, Klimawandel, demographische Veränderungen, steigende Energiepreise, politische Rahmensetzungen und rechtliche Zielvorgaben erfordern eine Neuausrichtung der siedlungswasserwirtschaftlichen Leistungserbringung. Ziel ist, die Siedlungswasser- wirtschaft nachhaltig und zukunftsfähig zu gestalten.
Sozial-ökologische Transformation
Aus Perspektive der Transformationsforschung besitzen Visionen und Leitbilder eine zentrale Rolle. Die Dynamik von Veränderungsprozessen umfassen neben gesellschaftlichen Innovationen insbesondere technische Innovationen, die von sozialen Innovationen flankiert werden. Nach Lucas und Schneidewind befassen sich regionale Anpassungsstrategien zentral mit den Auswirkungen des Landscape-Trends Klimawandel, verbunden mit dem Ansatz durch resiliente Strategien/Innovationen Lösungen herbeizuführen. In die Strategieentwicklung und Lernprozesse werden Unternehmen durch Stakeholder-Dialoge eingebunden; Szenarien Entwicklung und Leitbilder der Unternehmen sind in diesem Kontext von grundlegender Bedeutung (vgl. Lucas/Schneidewind 2011, 127). Klimawandel und Klimaanpassung stellen einen aktuell relevanten Landscape-Faktor für die Unternehmen der Wasser- und Energieversorgung in einer Region dar und werden auch von Governance- Strukturen (Regime Level; vgl. Gesetze, Standards etc.) beeinflusst.
Nachhaltigkeitsbezogenes organisationales Lernen - Definition
Veränderung von organisationalen Handlungsmustern (Routinen, Aktivitäten, Kommunikation etc.),
die auf eine veränderte Wissensbasis infolge reflexiver Prozesse zurückzuführen sind,
auf dem Konzept der Nachhaltigkeit als Zielrahmen basieren sowie
zu entsprechenden Verbesserungen führen (können).
single-loop learning: Veränderungen in Prozessabläufen und Ergebnissen (Produkten oder Dienstleistungen) auf Basis des bestehenden Ziel- und Regelsystems in der Organisation
double-loop-learning: Reflexion über die Zielsetzungen, Prozesse und Ergebnisse
(Arnold und Siebenhüner 2007)
Nachhaltigkeit als Lernherausforderung
Triple bottom line (Bowden, et al. 2001, Elkington 1997),
Company oriented sustainability (COSY) (Schneidewind 1994, Schneidewind, et al. 1997),
Corporate social responsibility (European Commission 2002, Ruggie 2002, Clarkson 1995)
Corporate sustainability (Dyllick, Hockerts 2002, Gladwin, et al. 1995, Schaltegger, et al. 2003, Shrivastava, Hart 1995a, Welford 1997)
(Arnold und Siebenhüner 2007)
Resilience, Social Learning and Networks
The processes of change on the level of individual or collective actors or even in a society that is based on newly acquired knowledge, a change in predominant value structures, or of social norms, with the objective of improvements in the field of resilience and adaptation, which results in practically sizeable outcomes.
Der Energiesektor zwischen Wandel und Stabilität
Große Stadtwerke in der Energiewende Deutschlands und der Schweiz. Grenzüberschreitende Studie über die aktuelle Situation und die Rolle(n) eines föderalistischen Akteurs
Laboratory for Human-Environment Relations in Urban Systems HERUS Swiss Federal Institute of Technology Lausanne EPFL, Schweiz
Sustainability Transitions
Research & Practice
Sustainability Transitions Research: Transforming Science and Practice for Societal Change
The term transition is broadly used in many scientific disciplines and refers to a nonlinear shift fromone dynamic equilibrium to another.
It has been regularly used in disciplines such as demography(demographic transition), ecology (ecosystem transitions), psychology (development transitions),and physics (phase transitions of substances). The term sustainability transitions is increasingly used to refer to large-scale societal changes, deemed necessary to solve “grand societal challenges.”
Annual Review of Environment and Resources Volume 42, 2017
Conceptualizing Power in the Context of Climate Change: A Multi-Theoretical Perspective on Structure, Agency & Power Relations
The predominantly positivist approach in economics towards the object of study is not able to grasp power and domination in its complex interaction of agencyand structure. Also in ecological economics and its critique to economic growth, there is a lack of conceptualizations that are sensible to questions of power. The work reveals such deficits and offers a comprehensive theory overview. This overview is then contextualized along the political-economic facets of climate change.
VÖÖ Discussion Papers · ISSN 2366-7753
Vereinigung für Ökologische Ökonomie 5/2017
Time to act and need for change...
"...dass die vorsorgeorientierte Postwachstumsposition mit Blick auf die Initiierung von Prozessen des Pfadwechsels und Strukturwandels im Sinne von ‚sustainability transitions‘ konkretisiert werden muss". ( Petschow et al. 2020)
Zeitenwende für vorsorgeorientiertes, resilientes Wirtschaften
Die Corona-Pandemie bedroht die Gesundheit von Millionen Menschen und überlastet Versorgungssysteme weltweit. Die gekoppelte Gesundheits- und Wirtschaftskrise zeigt: Unser äußerst ausdifferenziertes und auf kurzfristige Effizienz und Wachstum getrimmtes Wirtschaftssystem ist hochfragil. Wie unter einem Brennglas hat die Corona-Krise die bereits bestehenden Schwächen der gesellschaftlichen Organisation offengelegt. Die bisherige Krisenpolitik zementiert weitgehend den Status quo und lässt damit eine Gelegenheit für Impulse für sozial-ökologische Transformationen ungenutzt. Die Notwendigkeit eines Strukturwandels aus ökologischer Sicht war auch vor der Krise schon offensichtlich. Dazu gehört insbesondere auch die große Abhängigkeit zentraler gesellschaftlicher Institutionen vom Wirtschaftswachstum. Für sozial-ökologische Transformationen hin zu einer nachhaltigen Entwicklung müssen alternative gesellschaftliche Entwicklungspfade ausgeleuchtet werden.
Als ethisch verantwortliche Position eines früh industrialisierten Landes wie Deutschland unterstützen wir die vorsorgeorientierte Postwachstumsposition (Petschow et al. 2018, 2020). Gemäß dieser Position ist es ungewiss, wie sich die Wirtschaftsleistung entwickeln wird, wenn die Wirtschaftsweise in den wohlhabenden Ländern im Einklang mit globalen ökologischen Zielen grundlegend verändert wird. Da grundlegende gesellschaftliche Institutionen, die Bestandteile eines guten Lebens ermöglichen, in hohem Maße wachstumsabhängig sind, lässt sich gemäß dem Vorsorgeprinzip das Ziel ableiten, diese Institutionen so zu transformieren, dass sie ihre Funktionen unabhängig(er) von der Wirtschaftsleistung erbringen können (Petschow et al. 2018, 2020).
Wir argumentieren in diesem Diskussionspapier, dass die vorsorgeorientierte Postwachstumsposition mit Blick auf die Initiierung von Prozessen des Pfadwechsels und Strukturwandels im Sinne von ‚sustainability transitions‘ konkretisiert werden muss. Zudem hat die Corona-Krise deutlich gemacht, dass ‚Vorsorge‘ breiter als Wachstumsunabhängigkeit gefasst werden muss. Wir schlagen daher vor, dass der Vorsorgebegriff Überlegungen zu Resilienz stärker einbeziehen sollte. Die vorsorgeorientierte Postwachstumsposition fokussiert damit auf zwei, durchaus eng miteinander verbundene, Vorsorgestrategien: (i) vor dem Hintergrund der Ungewissheit, inwieweit eine hinreichende Entkopplung von Wirtschaftswachstum und Ressourcenverbrauch möglich ist, ist es erforderlich, dass gesellschaftliche Systeme wachstumsunabhängig gestaltet werden. (ii) Die ökonomischen und gesellschaftlichen Strukturen sollten, im Sinne der Vorsorge, resilient gestaltet werden, sodass sie auch bei unerwarteten extremen Störereignissen einerseits relevante Systemleistungen aufrechterhalten können und andererseits im Erholungsprozess den Übergang in nachhaltigere Systemzustände ermöglichen.
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Neue Impulse durch die Verbindung von Postwachstums- und Transformationsforschung
Diskussionspapier des IÖW 72/20
Berlin, September 2020
Ansätze zur Ressourcenschonung im Kontext von Postwachstumskonzepten
Im Mittelpunkt dieses Endberichts steht die Frage, welche Rolle die Wirtschaftsleistung und ihre künftige Entwicklung in einem wohlhabenden Land wie Deutschland bei der Einhaltung planetarer Grenzen spielt. Wir möchten zum Verständnis dieser relevanten Kontroverse beitragen, in-dem wir in diese Debatte systematisierend einführen, Analysen zu zahlreichen Aspekten vorlegen, offene Fragen aufzeigen und politische Handlungsorientierungen ableiten. Durch die Darstellung, Analyse und erste Bewertung von zentralen Argumenten und Schlussfolgerungen der Postwachstumsliteratur leistet das Papier einen Beitrag dazu, diesen bisher vor allem in Wissenschaft und Zivilgesellschaft geführten Diskurs für ein breiteres Publikum zugänglich zu machen. Innerhalb des Diskurses gibt es zwei besonders prominente und eindeutig antagonistische Posi-tionen, deren politische Konsequenzen einander widersprechen: Green Growth und Degrowth. Unsere Analysen in Kapitel 2 zeigen, dass beide Positionen auf Kernannahmen beruhen, die sich wissenschaftlich nicht hinreichend begründen bzw. belegen lassen. Keine dieser Positionen sollte daher für sich beanspruchen, als alleinige Strategie für umweltpolitisches Handeln dienen zu können. Daher schlagen wir eine dritte Position vor und stellen sie mit diesem Papier zur Diskussion: die „vorsorgeorientierte Postwachstumsposition“. Diese Auffassung hat aus unserer Sicht das Potenzial, einen neuen Konsens in der Nachhaltigkeitsdebatte zu bilden.
Abschlussbericht
TEXTE 98/2020
Ressortforschungsplan des Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit
Forschungskennzahl 3715 311040 FB000226